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Information Philosophie (keine weiteren Angaben)

Auch dieses Lehrbuch behandelt den gesamten Umfang der üblichen logischen Standardthemen, d.h. Syntax und Semantik der Aussagen- und Prädikatenlogik, erstere in Form von Kalkülen des natürlichen Schliessens in Anlehnung an des von Lemmon in seinem inzwischen klassischen Beginning Logic entwickelte System, sowie Konsistenz- und Vollständigkeitsbeweis für die Aussagenlogik. Zusätzlich enthält dieser Titel noch ein aufschlussreiches Kapitel über die Zermelo-Fraenkelsche Axiomatik der Mengenlehre. Grösster Vorteil dieses Buches ist zweifellos der umfangreiche Übungsteil, in Verbindung mit einem vollständigen Lösungsanhang von gut siebzig Seiten. Diese trägt der Tatsache Rechnung, dass der wesentliche Faktor zum gewandten Umgang mit der Logik in der intensiven und regelmässigen Praxis liegt, die das Gelernte anzuwenden versucht.

Ein kleineres Manko stellt die auch bei diesem Autor zu beobachtende Tendenz zum Abschweifen in Seiten- und Nebenbereiche dar, die zum Verständnis des Kernbereichs der Logik eigentlich nichts wesentliches beitragen. Die kurzen Diskussionen zu Themen wie Modallogik, mehrwertige und intuitionistische Logik sowie einige Bemerkungen zur Philosophie der Logik können weder der Komplexität der behandelten Themen gerecht werden, noch fügen sie sich problemlos in den Darstellungsverlauf ein. Abschnitte wie die fünfseitige Behandlung der Syllogistik sowie die folgende ebenso deplazierte wie offensichtlich unvollständige "Übersicht" über die Logik hätten zumindest von einem verständigen Lektor herausgefiltert werden müssen. Leider können auch die - knappen -bibliographischen Angaben hier nicht viel weiterhelfen.

Ein wesentlich grösseres Problem erscheint dem Rezensenten aber die Vorgehensweise des Autors, zunächst eine "intuitive" Semantik der behandelten Systeme zu skizzieren, und die formale Semantik erst wesentlich später nachzuliefern. So beginnt die Darstellung der Aussagenlogik mit der Feststellung, für die logischen Bindewörter wie "und", "oder" und "nicht" würden die entsprechenden aussagenlogischen Junktoren eingeführt. Dies provoziert jedoch förmlich gerade bei Anfängern ein tiefgreifendes Missverständnis und macht nicht klar, dass die Junktoren eben keine Abkürzungen irgendwelcher Art für natürlichsprachige Ausdrücke mit all ihren Mehrdeutigkeiten, darstellen, sondern exakt definierte mathematische Objekte, nämlich Funktionen von Wahrheitswerten bzw. Wahrheitswertpaaren zu Wahrheitswerten, die bestenfalls eine gewisse Übereinstimmung mit der Verwendung bestimmter natürlichsprachiger Ausdrücke aufweisen. Der Autor diskutiert die formale Semantik der Aussagenlogik erst im nächsten Kapitel (kurioserweise unter der Überschrift "Metalogik") und erläutert auch hier erst die Verwendung von Wahrheitstafeln. Ähnlich seltsam erscheint auch die recht ausführliche Diskussion der Semantik der Prädikatenlogik: sie erscheint in allerletzter Stelle in der Darstellung und völlig getrennt von der Einführung des Systems selbst.

Die Bestimmung des Verhältnisses von Syntax und Semantik ist die grosse Schwachstelle in diesem sonst in mancher Hinsicht durchaus empfehlenswerten Buch. Leider fehlt auch ein Vollständigkeitsbeweis der Prädikatenlogik, der für eine angenehme inhaltliche Geschlossenheit gesorgt hätte. Doch auch wenn dies aufgrund des sowieso schon beträchtlichen Umfangs für vielleicht entbehrlich gehalten werden mag, in höchstem Masse verwunderlich erscheint es in diesem Zusammenhang doch, dass ein Autor, der sich die Sache der Nichtmathematiker so explizit auf die Fahnen und auf das Titelblatt geschrieben hat, als einzigen weiterführenden Hinweis auf diesen Vollständigkeitsbeweis den Gödelschen Originalartikel von 1930 anführt, der ja nun kaum für seine Ausführlichkeit und leichte Zugänglichkeit bekannt ist. Wesentlich passendere Darstellungen hätten sich hier ohne Probleme finden lassen.

Empfohlen sei dieses Buch also in erster Linie aufgrund seines umfangreichen Übungsteiles, unter Umständen als Ergänzung zu einem anderen Lehrbuch, wie z.B. Beckermanns oben bespochenem Titel, zur Bereitstellung zusätzlichen Übungsangebots.

Jan Westerhoff



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