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Zeitschrift für Gesellschaftsphilosophie, Nr. 2, September 1997



Buth, M., Einführung in die formale Logik unter der besonderen Fragestellung: Was ist Wahrheit allein auf Grund der Form, Frankfurt/Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien lang) 1996, 209 S., DM 48.-, ISBN 3-631-30624-5

Ruppen, P., Einstieg in die formale Logik. Ein Lehr- und Übungsbuch für Nicht-Matehmatiker, Frankfurt/Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien (Lang) 1996, 368 S., DM 61,-, ISBN 3-906756-85-8

Bochénski, J.M., Formale Logik, Freiburg, München (Alber) 1996, 646 S., DM 178,-, ISBN 3-495-44115-8

"Die Logik ist das Geld des Geistes", sagt Marx an einer Stelle seines an der Logik Hegels orientierten "Kapital". In dem Masse wie sich nun in der Geschichte das Geld zum Geld überhaupt resp. zu Kapital verselbständigt hat, hat sich in der Reflexionsgeschichte des Menschen über das, was Wahrheit ist, auch die Logik verselbständigt, sowohl in den Geistes- als auch in den Naturwissenschaften. Schliesslich ist sie, von jedem Inhalt und der Nicht-Identität von A = A abstrahierend, zu sich selbst als Methode begründenden formalen Logik (z.B. der Mathematik) geworden. Deren Spielregeln und Selbstbegründungen sind, so stellen Manfred Buth, Paul Ruppen und J.M. Bochénski übereinstimmend fest, nicht nur von Laien, sondern auch von Wissenschaftlern nicht einsehbar und vorstellbar. Gleichwohl zeichnet alle Einführungen in die formale Logik, so dankenswert sie auch sein mögen, eine Blindheit gegenüber ihrer gesellschaftlichen und menschlichen, d.h. ökonomischen und psychoanalytischen Bedingtheit aus.

Wenn sie die Begriffs-, Aussagen- und Prädikatenlogik abhandeln, wie es in allen drei Büchern der Fall ist, unterstellen sie erstens Prähistorizität, zweitens einen ontologischen Wesensgehalt, und drittens ihre Allgemeingültigkeit. Begriffe aber sind verdinglichte Vorstellungen, d.h. durch die einfache Waren- und Geldzirkulation bedingte Voraussetzungen logischen Denkens; Aussagen bedürfen der Reflexion dieser Begriffe, d.h. einer Metasprache oder eines Mehrwerts an produktivem wissen (in Begriffen), d.h. des geldheckenden Geldes, und die sog. Prädikatenlogik setzt die Bildung des Geldes zu Kapital voraus, von dem vernünftiges Denken (0der Vorstellen) nur ein die Wirklichkeit mystifizierender Schein ist. Damit nicht genug setzt formale Logik die Zahl voraus, als ein historisches Produkt der Zeichensetzung, wie sie sich aus dem Äquivalententausch bis zum Kreditwesen entwickelt hat. Dass ich mit Begriffen und Zahlen operiere, ist selbst ein Produkt der Menschheitsgeschichte, ebenso wie, dass diese Begriffe und Zahlen heute eine herrschende, und deshalb im Wesen abzuschaffende Form angenommen haben.

Wenn hier von Aufhebung die Rede ist, nimmt es nicht wunder, dass ein Hegel und ein Marx in den oben genannten umfangreichen und reichhaltigen, fast schon bewundernswerten Werken zur Logik nicht vorkommen, als wenn sich die Autoren scheuen würden, ihre eigenen logisch sein sollenden Begriffe, Aussagen und prädikativen Urteil kritisch zu hinterfragen und wesenslogisch zu reflektieren. Aufhebung heisst hier: für die Geisteswissenschaften die der Erkenntnistheorie, wie der Naturwissenschaften der Mathematik, ihr vermeintlicher Übergang in inhaltliche oder dialektische Logik, und das unter dem Aspekt von der nochmaligen praktischen Aufhebung der Resultate letzterer.

Nicht die Logik lehrt logisches oder rationales Denken. Schon gar nicht die sog. formale Logik. Ihre Lehre enthüllt dagegen eher den Wahnsinn, das Irrationale, zu dem sich das angeblich Normale in Geistes- und Naturwissenschaften entwickelt hat. Heute, wo nicht nur die Physik, spricht: das Experiment, sondern auch die Philosophie, sprich: die Demokratie, an ihre Grenzen des Erklärbaren gekommen sind, hinter denen mit den traditionellen Mitteln jener gar nichts mehr geht, endet auch bei der Logik, weil der Geist und die Natur, deren Wesen nicht sie selbst sein kann, Gesetzen gehorchen, die nicht mehr mit logischen Gründen beschreibbar und darstellbar sind, und von einer Logik abgelöst (werden), die mit ersterer in ihren mannigfaltigen Formen, wie sie alle drei Autoren beschreiben, nichts zu tun hat, gleichwohl eine höhere Logik darstellt, die weder allein formal noch inhaltlich zu sein scheint, eine höhere und auch tiefere, statt einer kalten Logik einer Logik des Herzens. Wenn Hegel schreibt, dass die Philosophie immer dann auftritt, wenn ihre Gestalten schon vergangen sind, dann trifft das auf diese Bücher zu: sie erscheinen zu einem Zeitpunkt, da ihre Anspruch gerade in Frage gestellt wird, so, als wollten sie im Namen der Logik die Vergangenheit beschwören und das sich verändernde wissenschaftliche Paradigma nicht wahrhaben, das am Horizont aufgetaucht ist, und sich unheilschwanger für jeden traditionellen Logiker ausnimmt. Im 21. Jahrhundert wird die Menschheit wahrscheinlich für diese nur ein mitleidiges Lächeln übrig haben, wenn sie es überhaupt noch nötig hätte, sich mit ihnen zu beschäftigen, was heute Wissenschaftlern noch geraten sein mag (wn).


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